„Einer muss ja schuld sein!“ Symbolik hat einen Namen… Johannes Reitmeier!

Wessen Terminkalender ist vollgepackter als der von Johannes Reitmeier? Er ist der Mann, der im Pfalztheater Kaiserslautern jetzt schon Geschichte gemacht hat. Seit 2002/03 ist er Intendant des hiesigen Theaters und wohl gleichzeitig auch einer DER interessantesten Intendanten der Theaterlandschaft Deutschlands überhaupt. Parallel zu dieser anspruchsvollen Aufgabe ist er ebenfalls Intendant in Feuchtwangen von den bekannten Kreuzgangspielen. Außerdem ist er im Theater Regensburg für die Inszenierung von „High Society, einem Musical, das am 18.5.08 Premiere hatte, verantwortlich. Dass ihm demnach nicht nur das Pfälzer Publikum so Einiges zu verdanken hat steht also weit außer Frage. Dieser Mann hat einfach ein Händchen für ausgefallene und erfolgreiche Inszenierungen. Man kann ihn als die menschgewordene Symbolik bezeichnen. Symbole…. das ist, womit sich Reitmeier weit über die Grenzen der Pfalz einen Namen gemacht hat. Egal wohin man hinhört, egal, welche Rezensionen man liest, man vernimmt stets nur Lobeshymnen.

In Kaiserlautern nähert sich das Projekt „Ludus Danielis – The play of Daniel“, ein Rockoratorium, seinem Ende zu.  Das ungewöhnliche Stück spielte durchweg vor einem ausverkauften Haus (siehe dazu Berichterstattungen zu „Ludus Danielis). Aber „Ludus Danielis“ ist nicht seine erste direkte Zusammenarbeit mit der Prog Metal Band Vanden Plas. Bereits 2004 verzeichnete Reitmeier auch mit dem Stück „Abydos“ einschlagende  Besucherzahlen und deutschlandweit hervorragende Kritiken. Vanden Plas’ Leadsänger Andy Kuntz hat in beiden Welturaufführungen die Hauptrolle verkörpert. Unbestritten ist Reitmeier mit „Ludus Danielis“ wieder ein riesiger Coup und Publikumsrenner gelungen, der die Bezeichnung „monumentales Meisterwerk“ punktgenau trifft.

Zeit also für MFJ, den beeindruckenden Bayern näher zu hinterfragen und sich davon zu überzeugen, weshalb Darsteller reihenweise (im wahrsten Sinne des Wortes) Lobeshymnen auf ihn singen und ihm zu Füßen liegen. Denn fragt man sie, weshalb sie eine Rolle annehmen, bekommt man stets die identische Antwort: „Wegen Reitmeier, … mit ihm zu arbeiten macht einfach Spaß, … er holt das Meiste aus einem heraus… sein Enthusiasmus steckt an…!“

Herr Reitmeier, wie fühlen Sie sich jetzt so kurz vor dem Ende von „Ludus Danielis“?HR: Sehr, sehr glücklich. Ich habe in meinen kühnsten Träumen nicht mit einem so überragenden und anhaltenden Erfolg gerechnet.

Welche Erinnerungen werden Sie aus dieser gesamten Zeit mitnehmen?
HR: Es war die spannendste Arbeit, die sich denken lässt: work in progress. Etwas Ähnliches habe ich nur bei „Abydos“ erlebt. Ein Stück, das quasi unter den Händen aller Mitwirkenden entsteht. Gänsehaut!

Über LD haben wir deutschlandweit seit seiner Premiere im Januar viel gehört und gelesen. Hatten Sie jemals Zweifel am Erfolg?
HR: Es war schon ein Wagnis: alttestamentarischer Stoff, lateinische Sprache, Rockmusik, Mittelalter ….. das alles zueinander zubringen bereitete uns durchaus auch einiges Kopfzerbrechen.

Gab es Momente in der Schaffensphase, wo sie „flüchten wollten?
HR: Wir mussten sehr kurzfristig einen Kollegen umbesetzen. Das hat uns etwas geschlaucht. Aber der Einspringer hat seine Sache prima gemacht. Dann war alles wieder gut.

Wie hätten sie reagiert, wenn das Stück beim Publikum auf kein Wohlwollen gestoßen wäre?
HR: Man muss als Theatermacher immer auf Kritik und Misserfolge gefasst sein. Davor ist niemand gefeit. Dann  kann auch bei einem Flop die Ansage nur lauten: zur Tagesordnung übergehen und es beim nächsten Mal besser machen. Aber es kam Gott sei Dank anders.

Die musikalische Mischung von Metal, gregorianischen Chöre, Musical und Mittelalter,…das alles sind schon ein bisschen viele Stile in einem einzigen Stück, meinen Sie nicht? Wie kommt man auf diese grandiose Idee?
HR: Ich habe vor beinahe 20 Jahren schon einmal mit dem „Ludus“ in seiner Originalform Bekanntschaft gemacht. Seither hat mich das Stück nie wieder losgelassen. Ich wusste, dass mach ich irgendwann noch mal.

Jedem Zuschauer dürfte spätestens wenn er Ludus gesehen hat verständlich sein, weshalb das Stück in lateinischer Sprache zur Aufführung gebracht wurde. Nur so wird es tatsächlich zu einer runden und schlüssigen „Sache“. Aber erklären Sie doch bitte kurz, weshalb sie gerade Latein auserkoren haben?
HR: Die Originalsprache der mittelalterlichen Handschrift ist Latein. Es ist eine sehr klangvolle, rhythmische und schön zu deklarierende bzw. auch zu singende Sprache. Es gab keinen Grund, darauf zu verzichten.

Was war denn letztlich das  Ausschlaggebende, dass Sie sich dafür entschieden, genau und nur dieses Oratorium auf die Bühne zu bringen?
HR: Die Zusage des Komponisten Günther Werno. Ich habe ihm das Projekt vorgeschlagen. Wenn er nicht Feuer gefangen hätte, wäre es womöglich im Sande verlaufen.

Sie werden in Fachkreisen als Mann der Symbolik bezeichnet. Ludus strotzt nur so vor Einsatz von Symbolen. Was fasziniert Sie so sehr an Symbolen, woher kommt dieser Faible?
HR: Ich habe immer einen Hang zum Mystischen und Archaischen gehabt. Für mich sind diese Stoffe wie Faust, Jedermann, die Passionsgeschichte oder das Alte Testament einfach faszinierenden Parabeln, deren Zeichenhaftigkeit mich stark beeinflusst.

Was bedeutet LD für Sie persönlich als Stück?
HR: Ein beinahe sakrales, stellenweise ergreifendes Ereignis. Normalerweise habe ich mehr Distanz zur eigenen Arbeit. Das hier nimmt mich emotional ziemlich mit.

Was wünschen Sie LD für die Zukunft?
HR: Dass es andere Bühnen entdecken und nachspielen.

Mit Vanden  Plas verbindet Sie eine lange und allseits bekannte Freundschaft, die nicht nur auf Arbeit basiert. Wie und wann sind Sie auf Vanden Plas gekommen und was fasziniert Sie so sehr an der Band?
HR: Das sind tolle Jungs und eine handwerklich astreine Musiker. Wir haben uns beim Musical „Nostradamus“ vor Jahren kennen- und schätzen gelernt.

Wird es ein erneutes Projekt Reitmeier – VP geben?
HR: Sicher – aber es muss auch wieder etwas Besonderes werden. Kein Abklatsch nach bewährter Masche.

Hatten Sie schon beim Entstehen der Idee zu diesem Oratorium konkrete Vorstellungen, wer die Hauptrollen singen sollte (Andy, Randy, Astrid)? – Und-  war zu diesem  Zeitpunkt auch schon klar, dass Günter Werno und Stephan Lill von Vanden Plas die Musik dazu komponieren sollten?
HR: Natürlich hatte ich diese Ausnahmekünstler, denen ich sehr viel zutraue und die mich nie enttäuscht haben, von Anfang an im Visier.

Wie schon im Opener geschrieben, die Darsteller liegen ihnen reihenweise zu Füßen. Sie genießen höchstes Ansehen, Respekt aber auch starke freundschaftliche Verbindungen. Das ist beeindruckend. Wie erklären Sie sich diese Reaktionen?
HR: Für Intendanten besteht immer die Gefahr, für andere zum unnahbaren Monster zu mutieren. Man muss dagegen ankämpfen. Wenn das in den Augen anderer gelingt, ist es gut so.

Hat ein so erfolgreicher und angesehener Mann noch einen Lebenswunsch, der er sich gerne erfüllen würde und den er MFJ verrät?
Ich möchte bei Gelegenheit mal wieder etwas mehr Zeit für mich haben. Ich weiß aber noch nicht, was ich damit anfange.

 

 

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