Das Molekül – Wo Wissenschaft auf das Genre Musical trifft

Foto: Bettina Stöß

Ein Wissenschafts-Musical – William W. Murta hat dieses Musical den Schauspielern auf den Leib geschrieben. Er komponierte „Das Molekül“ für Darsteller, die seit Jahren immer wieder am Theater Bielefeld spielen: Alexander Franzen, Thomas Klotz, Veit Schäfermeier, Carolin Soyka, Carlos Rivas und Roberta Valentini. Dass ein Musical nicht immer die typischen Themen wie Liebe, kann man am Stadttheater Bielefeld seit dem 19. Mai 2017 in einer Inszenierung von Thomas Winter sehen. Hier geht es um die Geschichte des Moleküls, beziehungsweise um zwei Geschichten. Diese laufen, wie die Doppelhelix, umeinander herum. Auf der Bühne sieht das dann so aus, dass oftmals die Handlung aus den Jahren 1951-1962, wo es darum geht, wie ein DNA-Molekül aufgebaut ist und die Handlung 1997-2000, in der das Genom entschlüsselt wird, parallel zu sehen sind und man zwischen den Sätzen von 1953  und 1998 hin und her springt.

Zu sehen sind die historischen Figuren Rosalind Franklin/Claire Fraser – Roberta Valentini, Odile Crick/Bernadine Healy – Carolin Soyka, Francis Crick/Francis Collins  – Veit Schäfermeier, James Watson/Jose Raul Rodriguez – Carlos Rivas, Maurice Wilkins/Mike Hunkapiller – Alexander Franzen, Craig Venter/Linus Pauling – Thomas Klotz (alle ebenfalls in weitern kleineren Rollen) unterstützt vom Bielefelder Opernchor und den Bielefelelder Philharmonikern.

Thomas Klotz begrüßt 1951 als Craig Venter (Leiter des Instituts für Genomische Forschung/Maryland) das Publikum im Stadttheater Bielefeld, einige Zuschauer wundern sich, dass die Türen noch nicht geschlossen sind. Venter beginnt mit seinem Vortrag und bittet dann auch darum, dass die Saaltüren geschlossen werden. Nun gibt es eine kleine Einführung in die Genetik, die jedem Zuschauer sicherlich noch aus den Schultagen bekannt ist: Mendel mit der Vererbungslehre, veranschaulicht an den Erbsenpflanzen. Klotz spielt beide seiner Rollen in diesem Stück hervorragend, das Theater Bielefeld traf eine exzellente mit dieser Besetzung.

Foto: Bettina Stöß

Roberta Valentini ist Rosalind Franklin, die, auf Maurice Wilkins (Alexander Franzen), am King’s College in einer Biophysik-Forschungsgruppe stößt. Wilkins sieht sie eher als seine Assistentin an, sie aber ist als gleichberechtigte Mitarbeiterin an das College gekommen. Valentini spielt Franklin sehr eindrucksvoll; eine starke Frau, die weiß, wie sie sich durchschlagen kann, die klare Ziele vor Augen hat. Besonders hervorzuheben ist die Szene, in der sie ihr Foto Nummer 51 entdeckt – ein Foto, welches mittles Röntgenbeugung entstand und von großer Bedeutung für die Entdeckung der DNA-Doppelhelixstruktur war. Valentinis Schauspiel ist sehr nahegehend und man freut sich mit ihr, dass ihr so ein Foto gelungen ist. Leider bleibt ihr der große Ruhm und der Nobelpreis verwehrt, da sie zuvor an den Folgen ihrer Krebserkrankung starb (sie arbeitete nie mit Schutzkleidung). Ebenfalls macht sie in den späteren Jahren als Claire Fraser eine gute Figur. Alexander Franzen nimmt man ebenfalls den Physiker Maurice Wilkins ab. Er zeigt Wilkins als „Rosy“ (wie sie nie genannt werden wollte) gegenüber überheblichen Vorgesetzten, der sich erst nicht damit abfinden kann, dass Rosalind ein gleichberechtigter Teil der Forschungsgruppe ist. Erst nach der mehr oder weniger klaren Trennung der Aufgaben, legen sie die Wellen etwas. Schauspielerisch und gesanglich macht Franzen einen sehr guten Job. Für Lacher sorgt er als Mike Hunkapiller, mit Lockenperücke, Sonnenbrille und orangenen Shorts, der zusammen mit Craig Venter (Thomas Klotz), das Genom, sprich drei Milliarden Basenpaare, entschlüsseln will. Dies allerdings als Privatmann, der seine Forschungsergebnisse nicht, wie öffentliche Einrichtungen, täglich aktuell der Welt zur Verfügung stellen muss.

Foto: Bettina Stöß

Veit Schäfermeiers klare Stimme ist ein wahrer Genuss und er gibt seinen beiden Figuren Francis Crick und Francis Collins Leben. Man merkt bei ihm besonders, wie Murta beim dem Komponieren auf die Stimmen der Künstler einging. Schön das Zusammenspiel mit Carlos Rivas als Maurice Wilkins und Mike Hunkapiller. Besonders in der Szene, wo James Watson  und Francis Crick ihr Modell der DNA Rosalind Franklin und Maurice Wilkins zeigen. Odile Crick und Bernadine Healy werden von Carolin Soyka gespielt, ebenfalls eine einwandfreie Leistung und harmonierend mit den anderen Schauspielern. Hier merkt man, wie wandlungsfähig alle sind, sei es in der Handlung in den 1950ern oder in den späten 90ern.

Da vermutlich nicht jeder Zuschauer um den historischen Hintergrund Bescheid weiß, wird es für diese spannend, wie die Geschichte ausgeht. Wer entdeckt zuerst den Aufbau des DNA Moleküls und entschlüsselt das Genom?! Eventuell hat aber auch noch der ein oder andere im Hinterkopf, wie Clinton damals im Fernsehen die Entschlüsselung verkündete. Auch dies wird auf einer Leinwand gezeigt. Technisch setzt man auch auf Einspieler auf großen Leinwänden, besonders interessant und innovativ ein Interview: Auf einer Leinwand erscheint eine Reporterin, die den davor stehenden Darstellern Fragen stellt. (Bühne und Kostüme Ulv Jakobsen) Im Kopf bleibt sicherlich auch die schnelle Bilderabfloge am Ende des Stückes – da fragt man sich, wohin, bzw. wie weit, die Forschung noch gehen wird.

Foto: Bettina Stöß

Ein Musical, welches man sich gut anschauen kann. Man fühlt sich in den 2:45 Stunden von dem lehrreichen Stück mit großartigen Darstellern gut unterhalten, das mit schöner und eingängiger Musik glänzt, obwohl es leider an den wirklichen Ohrwürmer fehlt.

Eine Wiederaufnahme ist 14.12.2017 geplant. Bis dahin gibt es noch zwei Vorstellungen am 17.06. und 08.07.2017. Infos gibt es HIER

 

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