SHOW! – Ein spartenübergreifendes Stück am Theater Bielefeld

Copyright: Joseph Ruben

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Seit dem 01. April 2017 zeigt das Theater Bielefeld das Stück „Show“, ein spartenübergreifendes Projekt von Simone Sandroni (verantwortlich für die künstlerische Leitung der Sparte Tanz) und Michael Heicks (Intendant), unter der musikalischen Leitung von Vivan Bhatti, an dem sowohl TänzerInnen, als auch SchauspielerInnen beteiligt sind. In den 90 Minuten, die Varieté-Feeling aufkommen lassen, bekommt man Einblicke in die Welt der Künstler. Von starken Muskelmänner über Seiltänzer bis hin zur Akrobatik ist alles vorhanden, was man mit Varieté oder auch Zirkus assoziiert. Durch den Abend führt der Direktor und zugleich Conférencier Billie Banane (Georg Böhm, der seine Rolle sehr gut spielt), an dessen Seite Ayumi (hinreißend: Saori Ando) steht, die alles in das Japanische übersetzt – warum weiß man nicht, aber sie macht ihren Job sehr süß und sorgt für viele Lacher. Dass in der Show-Welt auch wirklich vieles nur Show und Illusion ist, wird dem Zuschauer im Laufe des Abends klar, den eine vierköpfige Band, „The Golden Shower Lady Boum“ (bestehend aus: Alban Hauser, Christian Jung, Harald Kießlich und Stephan Schulze), musikalisch unterstützt. Das Stück beginnt mit der Vorstellung der Künstler, da gibt es zum Beispiel Nathanael (Jan Sabo), der zaubert, Messerwerfer Leo (Oliver Baierl, sehr lustig gespielt), Olympia, eine Mensch gewordene Puppe (oder ist es doch umgekehrt?!), Rose (Johanna Wernmo) und Malve (Isabell Giebeler), die (leicht unheimlichen) Töchter von Leo, die später rebellieren, Arabella, die fliegende Artistin (Elvira Z. Porras, überzeugt in den Tanzszenen) und Jacques (Tommaso Balbo), der der ewige Narr ist. Gloria (Anica Happich) ist die Frau von Billie, hat aber auch Augen für andere Männer, was Billie natürlich nicht verborgen bleibt. Man merkt, dass nach und nach alles schief läuft, sowohl auf der Bühne, als auch oftmals im zwischenmenschlichen Bereich: Da hat die Frau, auf die Messer geworfen werden sollen solche Angst, dass der -besoffene- Messerwerfer nicht trifft, dass sie flüchtet, nachdem sich der Messerwerfer-Schüler Siggi dazu bekennt, gar keiner sein zu wollen, sondern lieber ein Schauspieler. Dem Tipp, einfach einen Messerwerfer zu spielen, kommt er nicht nach.

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Phil, der Seiltänzer (Kenan Dinkelmann), sieht sein Seil fast als lebendigen Gegenstand an. Der Techniker Hugo (Sebastian Graf) lässt seinen Gefühlen am Schlagzeug freien Lauf. Alles scheint nicht richtig zu klappen, keine der  Nummern läuft glatt, entweder geht etwas schief oder es kommt zu Auseinandersetzungen unter den Künstlern. Dazu kommt noch die anscheinend baufällig werdende Kulisse: Sei es der Vorhang, der sich löst, das Trampolin, welches einen Riss bekommt oder die Kronleuchter, die herunterfallen – es läuft nicht rund in Billies Show, auch wenn er alles versucht, die Show zu retten, denn das Publikum möchte etwas sehen. Als das Chaos seinen Höhepunkt erreicht, platzt ihm der Kragen und er sagt, was ihm auf der Seele brennt und was jeden Einzelnen betrifft: Arabella soll sich wie ein Mensch benehmen, denn sie sei keine Puppe, Ayumi solle nicht Übersetzerin sein, denn sie gehört auf die Bühne, Siggi soll Schauspieler werden, wenn er das möchte – und Jacques sei als einziger authentisch. Alle bekommen ihr Fett weg und man merkt Billie die Erleichterung an, dass er endlich gesagt hat, was er schon lange denkt.

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Die Inszenierung (Dramaturgie Katrin Enders/Katrin Lohbeck) ist gelungen, es ist eine bunte Mischung mit 21 phantastischen Mitwirkenden, bei denen die verschiedenen Charaktere und Eigenschaften sehr schön herausgearbeitet sind; jeder ist einzigartig und interessant. Das Bühnenbild (Julia Hattstein) bringt den Mix aus Varieté- und Zirkusstimmung sehr gut rüber und die Kostüme sind sehr gut gelungen (Franziska Gebhardt). Es ist ein schillernder Abend, der aber auch zum Nachdenken anregt.

Noch bis zum 09. Juli 2017 wird an dreizehn weiteren Terminen das Stück gezeigt. Nähere Infos gibt es HIER.

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