„Schikaneder“ – Die „Zauberflöte“ wird man nun nicht mehr nur mit Mozart in Verbindung bringen, sondern auch mit Emanuel Schikaneder

© VBW / Deen van Meer 2016

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Im Raimund Theater wird seit Anfang Oktober die Geschichte von Emanuel und Eleonore Schikaneder unter der Regie von Trevor Nunn erzählt. Eventuell sind die beiden Namen nicht jedem gleich ein Begriff: Das Paar war im 1800 Jahrhundert das Traumpaar in der Theaterbranche, sie gründeten das „Theater an der Wien“ und aus Emanuels Feder stammt u. a. das Libretto der bekannten deutschen Oper „Die Zauberflöte“. („Schikaneder“ am Raimund Theater: Musik und Liedtexte von Stephen Schwartz, Buch Christian Struppeck, Deutsche Fassung Michael Kunze, Choreographie Anthony von Laast, Orchestrierung David Cullen).

 

Als das Ehepaar Schikaneder stehen Mark Seibert, der schon in diversen Rollen in verschiedensten Musicals zu sehen war und Milica Jovanović, die zuletzt bei den Freilichtspielen in Tecklenburg als Guinevere in „Artus – Excalibur“ spielte, auf der Bühne.

Das Stück beginnt im Jetzt, wird aber einen großen Teil rückblickend erzählt. Zur Zeit steht das „Theater An Der Wieden“ vor dem Aus: Eleonore hat es von ihrem verstorbenen Lebensgefährten Johann Friedel geerbt, darf dieses aber als Frau nicht weiterführen – und ein Kaufangebot ihres Konkurrenten Karl Marinelli weist sie ab. Die Theaterangestellten sind verzweifelt und schlagen ihr vor, sie solle doch mit ihrem Noch-Ehemann Emanuel das Theater weiterführen. Leonore ist von diesem Vorschlag alles andere als begeistert, fiel doch früher zwischen den beiden zu viel vor. Und so beginnt die Rückblende beim Kennenlernen der Beiden: Sie lernen sich durch die Liebe zum Theater kennen. Er, zu dem Zeitpunkt noch unter dem Namen Johann Joseph bekannt, Hauptdarsteller bei der berühmten Truppe von Franz Moser, dachte nicht, dass die Neue in der Gruppe, Eleonore Arth, den Text von Romeo und Julia können würde, aber sie überzeugt ihm vom Gegenteil. Sie merken schnell, dass sie sich ähnlich sind, beide „träumen groß“.

© VBW / Deen van Meer 2016

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Ein sehr schönes Lied mit Ohrwurmfaktor, welches in den kommenden knapp drei Stunden immer mal wieder angespielt wird und als roter Faden dient. Beide haben Träume und Visionen, die sie erfüllen möchten und alles dafür geben und sie nicht als bloße Luftschlösser abtun, wie es andere wohl täten. Nach einer Ballettstunde, in der den beiden sehr anzumerken ist, wie sehr sie ineinander verliebt sind, verkündet Franz Moser, dass er nach dem Tode seiner Frau das Geschäft nicht mehr weiterführen und es verkaufen wird. Schikaneder beschließt, es Moser abzukaufen, auch wenn er das Geld dafür nicht hat, schließlich „sind seine Visionen immer größer als sein Geldbeutel“. Eleonore unterstützt ihn aber und kurz darauf wird geheiratet. Damit sein Name zu dem schönen Namen seiner Frau passt, ändert er seinen Namen in Emanuel. Das Bühnenbild ist hier sehr schön, mit vielen Kerzen, es entsteht eine stilvolle Atmosphäre, die aber auch lustig ist, da sie eben durch die Namensänderung etwas Unvorhergesehenes bekommt und auch das Reichen der falschen Hand sorgt für Lacher im Publikum. Allgemein spielt Seibert den Schikaneder sehr gut, eine Rolle, die wirklich zu ihm passt, die er real rüberbringt, gespickt mit Scherzen.
Beide sind mittlerweile sehr bekannt, reisen mit dem Theater durch das Land und nach den Shows warten Fans auf die beiden, fragen nach Autogrammen; man merkt, wie beide von ihren Anhängern verehrt werden, sie waren das damalige „phänomenalste Traumpaar“.

© VBW / Deen van Meer 2016

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Nach einer Show kommt auch Johann Friedel (einwandfrei von Florian Peters gespielt, durch Spiel und Gesang ist er einer der Höhepunkte auf der Bühne des Raimund Theaters an diesem Abend) auf die beiden zu und möchte mit an den Stücken arbeiten. Er bekommt lediglich das Angebot, mit auf der Bühne zu stehen, welches er nicht abschlägt. Er ist unsterblich in Eleonore verliebt und gesteht ihr seine Liebe, als Eleonore von Barbara (liebenswürdig in verschiedensten Gefühlslagen von Franziska Schuster gespielt), ihrer Freundin und Kollegin, erfahren hat, dass Emanuel -mal wieder- etwas mit einer anderen Frau am Laufen hat, diesmal aber wohl etwas Ernstes. Johanns Worte finden bei Eleonore großen Anklang, sie mag, was er sagt, weist ihr jedoch zurück. Für Emanuel haben die Techtelmechtel keine große Bedeutung, wie er ihr beteuert, er bekommt seine Frau mit der Idee von einer großen deutschen Oper wieder auf seine Seite. Ebenfalls etwas, was für Seibert auf den Leib geschneidert wirkt: Die Frau bezirzen und wieder für sich gewinnen – sein Spiel lässt keine Wünsche offen.
Eleonore wird von Maria Anna Miller (schön dumm und naiv von Katie Hall gespielt), auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: Sie bekommt ein Baby von Emanuel und er wird sie heiraten, denkt sie jedenfalls. Somit ist sie voller Freude und kann so gar nicht nachvollziehen, dass Eleonore sich nicht mit ihr freuen kann. Es macht Spaß, Halls Mimik zu beobachten, „Freut euch mit mir“ singt sie, hier sind leider einige Worte, die in der hohen Tonlage gesungen werden, nicht ganz zu verstehen.
Nachdem Eleonore dies nun weiß, beschließt sie, sofort mit Johann nach Wien zu gehen – ohne ein Wort des Abschieds. Johann zweifelt etwas, auch an sich selber – man merkt, dass er zwar Visionen hat, aber nicht den Mut, den im Gegensatz zu ihm Emanuel besitzt, diese zügig wahr werden zu lassen; Eleonore spornt ihn an „Jetzt und hier“.

Emanuel erfährt, dass eine Frau mit Johann abgehauen ist und auch, dass seine Geliebte von ihm schwanger ist (die sich nun einen Mann ohne Ehefrau suchen will, nachdem sie Begriffen hat, dass sie doch nicht seine große wahre Liebe ist) – beides ein Albtraum für ihn. Er tut vor seinem Freund so, als wüsste er bereits, dass Eleonore weg ist und zeigt seine Gefühle nicht den anderen Leuten. Wie es wirklich in ihm aussieht, bekommt nur das Publikum zu sehen, wenn er alleine auf der Bühne ist. Er vermutet, dass sie zu ihm zurückkommt, wenn sie pleite ist. Eine wirklich großartige Szene, die für viele Lacher sorgt. Eleonore mit Johann, Emanuel alleine, wie ebenso Maria Anna stehen auf der Bühne und machen klar, dass sie alle neu anfangen wollen. „Fische im Meer“ ist ein wunderschönes Lied, welches dann die Zuschauer nach 1 Stunde und 20 Minuten in die Pause entlässt.

© VBW / Deen van Meer 2016

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In Augsburg läuft das Stück zu einem Ballonstart von Emanuel alles andere, als wie es soll, und auch in Wien kommt Eleonore ohne ihren Mann nicht richtig voran – beide sind ohne den anderen nicht mehr sonderlich erfolgreich, beiden fehlt ein Stück des anderen – auch bei ihrer Arbeit. Emanuel hat eine Affäre mit der Frau des Fürsten (ohne dies jedoch zu wissen) und muss fliehen, damit er nicht verhaftet wird. Derweil stirbt Johann in Wien, Eleonore muss ihm am Sterbebett versprechen, das Theater weiter zu führen.

Wieder im Jetzt angekommen (wo das Stück auch weiterhin bleibt) beichtet Barbara, dass sie Emanuel schon herbestellt hat, was zu einem handfesten Streit führt, da alle nachvollziehen konnten, dass sie keinen Kontakt mehr zu ihrem Ehemann wünscht. Er sagt, sie habe seinen Traum gestohlen, ein festes Theater in Wien zu führen. Beide scheinen sich zu hassen, gehen aber eine Art Geschäftsbeziehung miteinander ein. Freude im Ensemble – das Traumpaar ist wieder da! Über kurz oder lang, nach einem Streit auf der Bühne (ebenfalls eine lustige und schön gestaltete Szene), stellen sie fest, dass ihre Geschäftsbeziehung wohl zum Scheitern verurteilt ist. Es gibt weiterhin Streit und Barbara, Benedikt Schack (Armin Kahl in der Rolle des Freundes von Emanuel) und Josepha Hofer (Diva und derzeitige Geliebter Schikaneders, gespielt von Katja Reichert), wer die beiden beruhigen soll. Keiner möchte dies und so wird es immer auf jemand anderen geschoben („Ich? Warum?“). Nun kommt Marinelli (Reinwald Kranner) mit einem neuen Angebot, da er noch ein zweites Haus in Wien braucht. Schikaneder erfindet einfach, dass er an einer großen, pompösen deutschen Oper mit über 1000 Kerzen schreibt, die ein phänomenaler Erfolg werden wird, ein „riesen Ding“, in der es um eine Flöte und einen Drachen gehen wird. Eleonore ist schnell begeistert von der Idee und nun kommt eines zum anderen und die Geburtsstunde der „Zauberflöte“ ist da. Alles, was an Kostümen und Kulissen noch da ist, soll verwendet werden, da sie pleite sind und nicht für neue Dinge Geld ausgeben können, ein Bekannter von Emanuel, Wolfgang A. Mozart, wird die Musik dazu komponieren. Josef von Bauernfeld (Hardy Rudolz, auch in der Rolle des Franz Moser) überreden sie, obwohl sie ihm noch viel Geld schulden, in die Inszenierung zu investieren – bekommt er somit doch eine Einladung zur Feier nach der Premiere und vieles mehr.

Also die Künstler zu den ersten Proben kommen, finden sie das Stück furchtbar. Alles ist furchtbar, es wird kein gutes Haare an Kostümen, den Rollen usw. gelassen „idiotische Handlung mit simpler Musik“ wird gesagt und ein paar stehen kurz davor, das Theater zu verlassen, bis plötzlich die Partitur zum ersten Mal zu hören ist, die alle sofort verstummen lässt und in ihren Bann zieht.

© VBW / Deen van Meer 2016

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Bei der Generalprobe kommt es zu einem Zwischenfall: Marinelli hat verraten, dass Emanuel mehr Kerzen als erlaubt verwendet, so wollen zwei Beamten die Schließung erzwingen, wenn nicht 10.000 Gulden Strafe gezahlt werden. Das Geld hat Schikaneder nicht und auch der Investor nicht mehr. Eleonore erinnert sich an die wertvolle Kette, die sie einst von Johann bekam – und da dieser wollte, dass das Theater am Leben erhalten wird, gibt sie in seinem Sinne den Beamten die Kette, die diese ausnahmsweise als Bezahlung annehmen. In der Zeit, in der Eleonore die Kette holt, denkt Emanuel, dass er sie verloren hat und sing sehr gefühlvoll das Lied „Letzter Vorhang“. Nachdem die Beamten gingen, wurde Eleonore klar, dass sie doch noch Gefühle für Emanuel hat und möchte ihm dies mitteilen. Auf dem Weg dahin sieht sie allerdings, wie Emanuel seine ehemalige Geliebte Maria Anna umarmt und beschließt, endlich ihr eigenes Leben zu führen. Sie packt ihre Koffer und möchte nur noch „ihr Lied“ singen. Bevor sie aber gehen kann, kann Maria Anna sie aber aufklären, dass sie nur da ist, um Schikaneder um Hilfe für ihren Bub zu bitten, da sie kein Geld mehr für dessen Versorgung hat, noch nicht mal mehr, um ihm etwas zu essen zu kaufen. Eleonore vergibt Emanuel und beide wollen eine Beziehung, in der beide gleichberechtigt sind und es keine Affären mehr geben wird.

© VBW / Deen van Meer 2016

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Eine schöne Geschichte, die nach Wien passt mit sehr guten Hauptdarstellern. Allen voran Mark Seibert, gefolgt von Milica Jovanović, die eine sehr gute Wahl für die Besetzung der Eleonore ist, kann sie sowohl stimmlich, als auch im Spiel vollstens das Publikum überzeugen. Herausragend auch Florian Peters als Johann Friedel. Ebenfalls die weiteren Rollen in denen z. B. Katie Hall, Armin Kahl und Katja Reichert auf der Bühne agieren, wurden gut besetzt, sind aber leider (gefühlt?) nicht so oft auf der Bühne zu sehen. Nicht zu vergessen ist das Ensemble, welches ebenfalls gute Arbeit leistet.

Musikalisch ist das Orchester unter der Leitung von Koen Schoots hervorragend. Man merkt, dass hier Wert auf guten Klang mit der Unterstützung eines großen Orchesters gelegt wurde. Bleibt zu hoffen, dass es zu dieser Produktion eine CD geben wird. Schöne und oftmals auch eingängige Melodien und Lieder durchziehen das Stück, mal flott und lustig, mal nachdenklich und gefühlsbetont – allesamt sehr gut vorgetragen.

Das Bühnenbild und die Kostüme sind ebenfalls ein Hingucker: Kleider, Perücken und Utensilien wie Koffer aus der damaligen Zeit geben dem Bühnenbild den perfekten Touch. Schön ist die Drehbühne, die den Zuschauer in neue Szenarien entführt, sei es ein Ballettsaal, die Theaterbühne im Stück oder vieles mehr. Einfach, aber wirkungsvoll.

Das Stück ist auf jeden Fall einen Besuch wert, da es sicherlich den Geschmack vieler Zuschauer durch seine Abwechslung treffen wird.

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