„Linie S1“ in Hamburg am 07.02.2014 im St. Pauli Theater auf der Reeperbahn

Willkommen in Hamburg

Willkommen in Hamburg

Musicalfotojournalismus schreibt nicht nur über die Stücke auf den großen Showbühnen, sondern ist auch bemüht, kleinere Theater mit Berichten zu unterstützen. Eines dieser kleineren Theater durfte ich am 07.02.2014 zur vorübergehenden Derniere des Hamburger Musicals „Linie S1“ besuchen.

Das direkt auf der Reeperbahn neben der Davidswache (= bekannteste Polizeistation in Hamburg) gelegene „St. Pauli Theater“ lässt sich mit einem Wort beschreiben: „Plüsch!“
Samtige weinrote Vorhänge an allen Ecken verbinden sich mit plüschigen Sitzen.
Das Theater umfasst ca. 500 Plätze, davon etwa 400 im Parkett und je 50 verteilt auf zwei Ränge. Es ist etwa so groß wie ein kleiner Kinosaal und scheint in den 70iger Jahren stehen geblieben zu sein. Es ist klein, eng und einfach gemütlich.


Mit seinen Sitznachbarn (vorne, nebenan und hinten) kommt man schnell ins Gespräch, es herrscht eine familiäre Atmosphäre, zudem auch das aus sechs mit „St.Pauli“ -T-Shirts ausgestatteten Herren bestehende Orchester mehr oder weniger über die erste Sitzreihe klettern muss, um in ihren Orchestergraben zu gelangen, was natürlich zur Erheiterung des Publikums beiträgt.

Das Bühnenbild ist eher sporadisch, bestehend aus sich auf Rollen befindlichen S-Bahn-Sitzen und einer großen Videoleinwand, daher kommt es hier insbesondere auf das Können der Darsteller an, die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Und das gelingt ihnen sehr gut, in diesem Theater ist man GANZ NAH DRAN am Geschehen und das ist wunderbar!

Die „Story“ ist schnell erzählt:
Miguel, Barmbeker Jung mit spanischen Wurzeln, trifft in der S-Bahn Linie S1 auf Luna, Töchterchen aus feinem Hause in Blankenese.
Es ist Liebe auf den ersten Blick, aber Luna hat eigentlich ganz andere Pläne und ist hin und her gerissen, ob sie sich auf diese große Liebe einlassen soll…

Miguel und Luna bei ihrer ersten Begegnung

Miguel und Luna bei ihrer ersten Begegnung

Auf der Reise mit der S-Bahn durch die Stadt treffen sie an den verschiedensten Haltestellen auf die verschiedensten Personen, die die Stadt Hamburg ausmachen.
Die Nebendarsteller übernehmen dabei jeweils bis zu zehn unterschiedliche Rollen.
Kommt in einer Szene ein Senator daher, der über den Bau der Elbphilharmonie diskutiert, in der nächsten Szene mimt dieser Darsteller einen Bettler… Da wird die reiche Dame zur Putzfrau, die Punkerin zur Prostituierten, der Fußballfan zum Geschäftsmann. Die Wandelbarkeit der Darsteller ist beeindruckend.

Untermalt werden die Szenen von diversen Liedern von Hamburger Sängern und Liederschreibern. Das vielseitige Musikrepertoire reicht von Hans Albers über Ina Müller, Samy Deluxe bis hin zu Udo Lindenberg mit dem bekannten Song „Reeperbahn“.

Gepaart mit kecken Hamburger Sprüchen und Ausdrücken, die im Übrigen im Programmheft genauestens erläutert werden, ist dieses Musical nicht nur etwas für „echte Hamburger“ sondern auch insbesondere für die Touristen, die hierbei gewiss auch noch einige Anregungen zu den Attraktionen der Stadt finden werden.

Miguel triff die "High Society" in Blankenese

Miguel triff die „High Society“ in Blankenese

Die Hauptdarsteller Luk Pfaff (Miguel) und Anneke Schwabe (Luna) werden gut in Szene gesetzt:

Luk Pfaff muss man einfach lieben mit seiner fröhlichen, charmanten Art.
Tiefgang zeigt er in einer Szene, wo er wie aus dem Nichts anfängt zu weinen. Das Publikum ist sprachlos, erschrocken, traut sich kaum zu atmen und jede Zweite würde am Liebsten auf die Bühne springen, um den armen Jungen in den Arm zu nehmen und zu trösten.

Von Anneke Schwabe wird man bestimmt noch mehr hören. Die Powerfrau hat eine ausdrucksvolle, starke Gesangsstimme und fegt wie ein Wirbelwind über die Bühne.

Am Überraschensten war jedoch, dass sich unter den fünfzehn Darstellern drei bekannte aus dem Fernsehen befanden:

Johanna Christine Gehlen (Ein flotter Dreier, Soko Köln, Der Landarzt, Küstenwache), die insbesondere als „Oma“ in einer Szene auf dem Ohlsdorfer Friedhof einen famosen Auftritt hinlegt.

George Meyer-Goll (Schwarz Rot Gold, Soko 5113, Tatort) und Peter Franke (Schlafes Bruder, Das Wunder von Bern, Ein Fall für zwei), die diverse Szenen zusammen spielten. Ihnen merkte man an, dass ihnen das Theaterspielen größte Freude bereitet, wurden doch die kleinsten Szenen der beiden dramatisch ausgeschmückt.
Durch ihre jahrelange Schauspielerfahrung lassen sie sich auch nicht durch eine verrutschte Perücke irritieren, sondern bauen einfach noch ein paar zusätzliche Sätze in die Szene ein. Das Publikum dankte mit einem tosenden Applaus.

Ein Hommage an Hans Albers

Ein Hommage an Hans Albers

Aber auch die jungen Darsteller wie z.B. Hakan Aslan, der für einen abwesenden Kollegen einsprang, machten ihre Arbeit großartig.

Fazit: Ein Hoch auf die kleinen Theater!
Leider befindet sich das Musical „Linie S1“ nun erst einmal in der „Sommerpause“, um auch anderen Stücken die Möglichkeit zu geben, auf der Bühne des St. Pauli Theaters zu spielen.

Ratsam wäre es, sich jetzt schon Karten für September 2014 zu reservieren. Dann geht es weiter. Es lohnt sich!!!

Willkommen in Hamburg

Willkommen in Hamburg

Die Szenenfotos sind dem Programmheft des Musicals entnommen. Musicalfotojournalismus dankt dem Fotografen: Frank Siemers

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Publizistik abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.